Kloubert: Vom fliegenden Robert
Rainer Kloubert:
»Vom fliegenden Robert«
Geschichten aus dem Fernen Osten
2018, geb., farb. Vorsatz,
Lesebändchen, zahlr. Abb., 248 S.
€ 24 [D] / € 24,70 [A] / sFr 34,70
ISBN 978-3-96160-000-7
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Buch

Wie nicht anders zu erwarten, sind auch Klouberts Erzählungen im Fernen Osten und zur Zeit der Jahrhundertwende angesiedelt – und dennoch scheinen sie aus einer anderen Welt. Geheimnisvoll und zuweilen bizarr, wie in Hoffmanns „Struwwelpeter“, entwickeln diese Geschichten eine geradezu legendenhafte Wirkung.

Autor

Rainer Kloubert (geb. 1944 in Aachen) studierte in Freiburg, Tübingen, Hongkong und Taiwan Sinologie und Rechtswissenschaften. Er war u. a. Sprachlehrer an der Militärakademie in Taiwan, Dolmetscher bei einem chinesischen Wanderzirkus und Anwalt in Taipeh. Er lebt in Peking und London.
Im Elfenbein Verlag erschienen bereits:
»Selbstmord ohne Hut« (1998)
»Mandschurische Fluchten« (2000)
»Der Quereinsteiger« (2003)
»Kernbeißer und Kreuzschnäbel« (2007)
»Angestellte« (2008)
»Roons letzter Flug« (2009)
»Peitaiho« (2012)
»Yuanmingyuan« (2013)
»Peking« (2016)

Auszug

Seit dem grauen und düsteren Tag, an dem William Robert Lidderdale — Bankdirekor in Edinburgh: lächelnd und immer artig bemüht, ein kluger Mann für das tägliche Tun — die Entscheidung getroffen hatte, in den Stand der Ehe zu treten, mit Evelyn Chapman aus St. Andrews gebürtig —, seit diesem fahlen und herbstlichen Tag waren inzwischen zehn Jahre vergangen. Er hatte noch eine Reise gemacht, nach London, eine geschäftliche Reise, von kurzer Dauer, wie er versprach. Das Aufgebot war schon vorbestellt, auch eine Kapelle schon fest gebucht, nicht weit von den Klippen der schottischen Stadt, in der er bereits ein Haus gekauft hatte. Aus London schrieb er an seine Verlobte, genau eine Woche nach sei­ ner Ankunft (es sollte sein letztes Schreiben sein), auf einem Briefbogen des Hotels
Connaught, wo er Quartier bezog,
wann immer er in der Hauptstadt war,
da er sich alles zur Regel machte
was er erfolgreich hinter sich brachte,
dass alles bestens verlaufen sei. Es ging um seine Versetzung nach Shanghai, die er verheiratet antreten wollte. Wie nebenbei erwähnte er noch, dass er aufgrund eines seltsamen Zufalls eine Miss Vining getroffen habe — hier verspritzte er etwas Tinte — eine Bekannte aus früheren Tagen, ohne das Treffen näher zu schildern, wann und wo es sich abgespielt hatte. Das Löschpapier, mit dem er das Schreiben Zeile für Zeile abgedeckt hatte, fand sich zerknüllt in einem der Schränke.
Keiner seiner zahlreichen Freunde und Verwandten, die er noch hatte — ein Onkel auf einem Manor in Schottland, eine Tante auf den Hebriden —, auch nicht Miss Chapman, seine Verlobte, erhielt ein weiteres Lebenszeichen, selbst nicht die Bank, die ihn anfangs noch suchte wie einen Posten in der Bilanz (und für die Shanghaier Dependance später einen Vertreter benannte, der auf der Reise plötzlich verschied, nach dem Verzehr von unreinem Obst, einem Apfel, an dem er noch roch, bevor er ihn mit der Schale verspeiste.)

© 2018 Elfenbein Verlag

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