Markus Lemke

Gedichte sind gemalte
Fensterscheiben - Goethe

Fenster auf!
(Der Laden klemmt.)
Hinausschauen!
Mit einem Auge durch den Spalt:
Autos, Gestank,
Straßenbahnlärm.
Der Mann mit den Plastiktüten
starrt auf den Boden
und trinkt - Kollege
aller verkrüppelten Tauben
auf dem Marktplatz.

Fenster zu!
Ich weiß nicht,
was soll es bedeut.
Der Mond ist aufgeg.
Wer reitet so?
Wer reitet so spät
durch Nacht und Wind?
Die Heinzelmännchen von Köln!
Herr von Ribbeck auf Ribbeck.
Herr von Ribbeck auf Ribbeck
ist in Pension gegangen
und kann die Miete nicht zahlen.
Fehlender Absatzmarkt
für Birnen
im Havelland.

Fenster auf!
Jetzt lauter reden!
(Achtung, do not lean out!)
Was, Sie lesen noch ...
Gä?
Dich?
Tä?
Gedichte.
Gedichte,
eingeschmissene Fensterscheiben.

Mönchrödener Sommer

Die Fleischerei Streng
und die Pilsbar Las Vegas,
Katzen, Hund, ein Loch
in jedem Stein.

Durch die Wälder,
durch die Auen.
Hinter Klostermauern,
was blüht denn da?

Ein verschnitztes Lächeln
wie der Holzdamen ihr's,
schon seit vielen
hundert Jahren.




Landgedicht

Hier, verdienter-
maßen: Mond.

Feldrand,
Wind.

Forschen im Gesicht
eines Hundes.

Höfliche
Pfützen.

Aus dem Leben kann man verhältnismäßig
leicht so viele Bücher herausheben,
doch aus Büchern so wenig,
ganz wenig Leben.
Franz Kafka

Heute nicht in
die Lesung, sondern zum
Bauchtanz, hier An-
alphabeten erbeten, Fatmas
vollendete Ferse, diese
gesprächigen Hüften, Frau,
dein Busen ist ein Gedicht.

Jetzt Damen-
wahl, jedes Wort
gekoppelt an einen Tanz-
schritt, in Musik ist
viel Lohn und viel
Duft. Atem geholt und
hinein, gewaltig die
unermessene Weite in
ungelüfteten Räumen.


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