C. P. Snow: George Passant
C. P. Snow:
»George Passant«
Roman
Aus dem Englischen übersetzt
von Grete Felten
»Fremde und Brüder«, Band 2
2025, geb., farbiges Vorsatz,
Lesebändchen, 396 S.
€ 29 [D] / € 29,90 [A] / sFr 39,50
Bei Subskription aller 11 Bände:
€ 26 [D] / € 26,80 [A] / sFr 35,40

ISBN 978-3-96160-101-1

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Romanreihe

Nach Anthony Powells »Ein Tanz zur Musik der Zeit« und Simon Ravens »Almosen fürs Vergessen« erscheint endlich auch der dritte große englische Romanzyklus aus dem 20. Jahrhundert erstmals vollständig in deutscher Übersetzung: Die elfbändige Reihe »Strangers and Brothers«, im Original zwischen 1940 und 1970 veröffentlicht, kam hierzulande trotz mehrfacher Versuche in verschiedenen Verlagen nie zum Abschluss. Unsere Ausgabe startet im Frühjahr 2025 auf der Grundlage einer behutsamen Überarbeitung der vorliegenden Übersetzungen von Grete Felten aus den sechziger Jahren. Sie soll bis 2029 mit der Erstveröffentlichung der auf Deutsch bislang fehlenden Teile abgeschlossen werden.
Snows Romanwerk, dessen Handlung sich vom Beginn des Ersten Weltkriegs bis in die Zeit der Studentenunruhen von 1968 erstreckt, zeichnet — in der Rückschau des pensionierten Hochschullehrers Lewis Eliot und dabei autobiografisch getönt — den Lebensweg eines britischen Akademikers aus der Mittelschicht durch die sogenannten »corridors of power« nach: von Eliots Jugend in eher bescheidenen Verhältnissen in einer englischen Provinzstadt über seine Karriere als Anwalt in London, als Beamter, als Dozent in Cambridge. Dabei bieten die Romane eine tiefgründige Untersuchung der britischen Arbeitswelt des 20. Jahrhunderts und deren Institutionen sowie des komplexen Zusammenspiels zwischen dem Privatleben und dem Streben nach Ansehen in Beruf und Öffentlichkeit — entlang all der vielen Fallstricke moralischer Entscheidungen und vor dem Hintergrund sozialer Spannungsgeflechte und weltpolitischer Veränderungen. Dabei erzählt Snow clever und nicht selten amüsant. Seine liebevoll ausgearbeiteten Charaktere binden die einzelnen Romane, die auch separat gut lesbar sind, in geradezu Proust‘scher Manier aneinander.

Buch

Der in der Chronologie an zweiter Stelle stehende Teil »George Passant« erschien bereits 1940 — als erster Band überhaupt und noch unter dem Titel »Strangers and Brothers«, den Snow erst später auf den heranwachsenden Zyklus übertrug. Lewis Eliot, der schüchterne Protagonist der Reihe, tritt in dieser fesselnden Analyse seines Mentors George Passant, eines charismatischen Anwaltsgehilfen, in den Hintergrund. In den Jahren der Wirtschaftskrise zwischen den Kriegen versammelt George — ein radikaler Idealist, der die Welt neu gestalten will — eine Gruppe junger Leute um sich, die, unruhig und ehrgeizig, darauf vertrauen, dass er sie von den Zwängen ihres provinziellen Lebens befreit. Doch als seine hohen Ambitionen durch Geldnot und den Wunsch nach sexueller Freiheit getrübt werden, wird seine Macht über die Gruppe zu einer Gefahr für sie alle.

Autor

Charles Percy Snow (1905—1980) war ein britischer Physiker und Romanautor. 1957 wurde er zum Ritter geschlagen, 1964 zum Baron ernannt und im Laufe seines Lebens mit mehr als zwanzig Ehrendoktorwürden ausgezeichnet. Für sein literarisches Schaffen erhielt er 1954 den Tait Black Memorial Prize und 1974 eine Nominierung für den Booker Prize. Weltweit bekannt wurde Snow mit der 1959 in Cambridge gehaltenen Rede »The Two Cultures«, in der er einer pessimistischen Weltsicht der Geisteswissenschaften eine optimistische der Naturwissenschaften gegenüberstellte. Diesen Kulturen — »Galaxien, könnte man auch sagen« — warf er darin vor, nicht mehr miteinander zu sprechen, worin er die größte Gefahr im Atomzeitalter sah. In seinem Romanzyklus »Fremde und Brüder«, den die BBC in den achtziger Jahren erfolgreich verfilmte, versucht er, dieses Grundproblem einem breiteren, nichtakademischen Publikum verständlich zu machen.

Pressestimmen

»Ein raffinierter und bewegender Roman« (The New York Times)

Auszug

»Ich sitze in der Klemme, Lewis.«
Einen Augenblick dachte ich, er wolle sich nur wichtig machen, doch als er weitersprach, merkte ich, dass es ernst war.
»Bei Calvert bin ich erledigt«, sagte er. »Und ich habe keine Ahnung, was ich jetzt machen soll.«
»Was hast du denn angestellt?«
»Ich — gar nichts«, sagte Jack. »Aber heute früh hab ich etwas geschenkt bekommen —«
»Woher? Von wem?«
»Von Roy.«
Roys Namen hatte ich in den letzten zwei Monaten oft gehört. Er war fünfzehn Jahre alt und der Sohn Calverts, den Jack eben erwähnt hatte und dem die Abendzeitung unserer Stadt gehörte. Jack war in der Redaktion angestellt, und der Junge hatte es während der Schulferien, die noch nicht zu Ende waren, fertiggebracht, mit ihm näher bekannt zu werden. Ohne sich Gedanken zu machen, hatte Jack ihm Bücher geliehen und sich gern und viel mit ihm unterhalten, und erst vor wenigen Tagen war ihm klargeworden, dass der Junge für ihn schwärmte und sich romantischen Vorstellungen hingab.
Mit einem raschen Griff fuhr Jack in seine Rocktasche und hielt ein Zigarettenetui vors Feuer. »Hier haben wir die Bescherung«, sagte er.
Die Flammen beleuchteten das neue, blankpolierte Silber. Ich streckte die Hand aus, nahm das Etui, betrachtete die Initialen J. C. (Jack Cotery) in veschnörkelten gotischen Buchstaben und wog das schwere Silber in der Hand. Wir beide, Jack und ich, waren fünf Jahre älter als der Junge, von« dem das Geschenk stammte, aber wir verdienten in der Woche noch nicht einmal ein Drittel der Summe, die es gekostet haben musste.

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