Klabund Werke Band 3 Klabund:
»Romane der Leidenschaft«
Moireau, Pjotr, Rasputin, Mohammed

Herausgegeben von Christian v. Zimmermann

2. Aufl. in Vorbereitung
Ln. i. S., 328 S.
€ 40 [D] / € 41,40 [A] /
sFr 69
ISBN 978-3-932245-13-8

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Über das Buch

Band 3 der 8-bändigen Werkausgabe.

Er enthält die in der postum 1930 erschienenen Werkausgabe unter dem Titel »Romane der Leidenschaft« versammelten Texte »Moreau. Roman eines Soldaten«, »Pjotr. Roman eines Zaren«, »Rasputin« und »Mohammed. Roman eines Propheten«.

Ein Kommentar mit Erläuterungen sowie Hinweisen zu Text-Varianten und zur Editionsgeschichte rundet diesen Band ab.

Bibliophil in schwarzes Leinen gebunden, mit goldener Prägung des Klabund-Schriftzugs, rotem Lesebändchen und Pappschuber.

Textauszug:

Pjotr ist geboren.
Don, Dnjepr, Wolga, Oka treten über ihre Ufer.
Schlamm wälzt sich über die Weizenfelder, und viele Menschen ertrinken.
Winterblumen neigen gebrochen ihre Häupter.
Die Haselmäuse pfeifen vor Angst. Der Wind nimmt ihre Pfiffe und bläst sie mit dicken Backen zu Posaunentönen auf, bis sie kreischend zerplatzen.
Die Bäume weinen Harz.
Auf tanzenden Eisschollen segeln erfrorene Schwäne. Ihre grünen Augen glänzen wie Smaragde.
Frösche treiben, die bläulichen Bäuche nach oben. Ihre Leiber sind durchbohrt von Wasserkäfern, die vollgefressen tot in den Löchern nisten: die braunen Rückenschalen weiß glasiert.
Es hat roten Schnee geschneit.
Auf der Waldai blüht mitten im Winter der Fingerhut.
Feuer fiel vom Himmel aus den Händen Gottes. Tausend Dörfer flammten. Die jungen Störche auf den Strohdächern wurden in ihren Nestern lebendig geröstet. In den Rauch- und Rußwolken strichen die alten Störche und klapperten grell und verzweifelt mit ihren langen Schnäbeln, als klirrten Schwerter aneinander.
Sie suchten ihren Feind und fanden ihn nicht.
Im Himmel saß der und schlief auf seinem Thron aus Lapislazuli. Er selber war anzusehen wie ein Diamant: klar und durchsichtig glänzend. Seine Augen helle Saphire, sein Herz ein dunkelroter Rubin. Um seine fröstelnde Schulter lag wie ein seidener Schal ein Regenbogen.
Sieben Fackeln brannten um seinen Thron.
Im Schlaf hatte er mit steinernem Arm eine Fackel, einen Stern vom siebenarmigen goldenen Leuchter herabgefegt. Prasselnd und funkenstiebend sauste der Meteor durch den ewigen Raum und schlug mit seiner roten blinden Stirn donnernd im Erdboden ein, eine ganze Landschaft entzündend und verwüstend.
Die Popen predigten:
»Wehe denen, die auf Erden wohnen! Die Sonne ist schwanger geworden und hat ein goldenes Kind geboren! Das wird uns peitschen mit feuriger Knute!«
Ein Rudel Wölfe heult nachts vor den Fenstern des Palastes Preobraschensk. Die Diener bekreuzen sich.
Sie wispern:
»Ein Wolfskind ist geboren, ein Wolfssohn. Die Brüder eilen, ihn zu begrüßen.«
Eine alte Wölfin gelangt bis in den Hof und jault hungrig nach den Fenstern des ersten Stockes hinauf. Natalia Naryschkina, die Zarenmutter, erwacht davon aus dem Schlaf. Sie hält den Atem an und lauscht.
Niemand wagt, die alte Wölfin zu töten.

(aus: »Pjotr. Roman eines Zaren«)

© 2010 Elfenbein Verlag

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