Howard: Ein Seemann von Welt P. Howard:
(i. e. Jenö Rejtö)
»Ein Seemann von Welt«

Mit einem Nachwort von György Dalos

Aus dem Ungarischen von Vilmos Csernohorszky jr.

3. Aufl. 2008, Ln., 280 S.
€ 22 [D] / € 22,60 [A] / sFr 39,50
ISBN 978-3-932245-64-0



Textauszug
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Jenö Rejtö (1905-1943) veröffentlichte unter dem Pseudonym »P. Howard« im Budapest der 30er Jahre seine unnachahmlichen ironischen Geschichten, die in Ungarn bis heute ungezählte Neuauflagen erlebt haben. Seine absurden Dialoge sind die einzigartige Würze der Romane Jenö Rejtös. Nicht weniger abenteuerlich tragikomisch war seine Lebensgeschichte: aus kleinbürgerlichen Verhältnissen stammend, wollte er nach dem Abitur Schauspieler werden, brach die Ausbildung aber ab, um durch die Welt zu streunen. In Afrika wurde er angeblich Fremdenlegionär, und mit 28 Jahren verschlug es ihn wieder nach Hause, wo er mit seinen Romanen immer erfolgreicher wurde. Der Verlag Nova riet ihm zu einem englischen Pseudonym - so wurde aus Jenö Rejtö P. Howard, ein Parodist von Abenteuer- und Kriminalromanen. Während des Krieges wurde er von den Nazis zum Arbeitsdienst nach Woronesch (Ukraine) deportiert, wo er am Neujahrstag 1943 erfror. In Ungarn zählt P. Howard, der Meister des Katastrophenwitzes, zu den beliebtesten Schriftstellern.



Auch erhältlich:
»Ein Seemann und ein Gentleman« (2008),
»Ein Seemann in der Fremdenlegion« (2012)
sowie »Ein Seemann und ein Musketier« (2014).
Über das Buch

Der satirische Hochseekrimi von P. Howard (i. e. Jenö Rejtö, 1905-1943) ist eine groteske Geschichte voller Verwicklungen und überraschender Wendungen. Die »Honolulu Star« befindet sich auf Fahrt nach Singapur. An Bord verdingt sich der Gangster Jimmy Reeperbahn als Kellner und treibt seinen Schabernack mit den Passagieren: Mit Morphium versetzt er die Leute an Bord in den Tiefschlaf. Da aber geschieht ein Mord: Mr. Gould, der Vormund des vornehmen Mr. Irving, wird mit einer Hutnadel erdolcht. Doch wer ist der Mörder?


Textauszug:

»Haben die Herren mein Messer gesehen?«
»Wo haben Sie's zuletzt gehabt?«
»In irgendeinem Matrosen.«
»Was war das für ein Messer?«
»Stahl. Schmale Klinge, leicht gebogen. Haben Sie es nicht gesehen?«
»Nur mal langsam … einen Augenblick bitte … wie war der Griff?«
»Muschel.«
»Aus wie vielen Teilen?«
»Aus einem Stück.«
»Dann gibt's gar kein Problem. Das Messer ist da!«
»Wo?«
»In meinem Rücken.«
»Danke …«
»Bitte … Der Wirt hat schon erzählt, was für ein schönes Messer in meinem Rücken steckt. Eine Muschel von zwanzig Zentimetern ist eine Seltenheit.«
»Drehen Sie sich bitte mal um, damit ich es herausnehmen kann …«
»Durchhalten! Der Wirt sagte, solange kein Arzt kommt, soll ich das Messer drin lassen, weil ich sonst verblute. Der Wirt versteht was davon: Man hat hier auch schon Ärzte umgebracht. Es ist ein altes Restaurant.«
»Aber ich habe es eilig, bitte! Und wer weiß, wann der Arzt kommt? Ohne Messer kann ich doch nachts nicht nach Hause.«
»Der Arzt wohnt hier in der Nähe, und der Wirt holt ihn auf einem Dreirad. Wenn Sie schon an Stechereien teilnehmen, dann tragen Sie auch die Konsequenzen!«
»Oho! Nur weil man ein Messer in Sie hineinsticht, haben Sie noch kein Recht, es zu behalten. Das ist Selbstjustiz! Zum Glück gibt es noch Gerechtigkeit auf der Welt!«
»Ich berufe mich ja nicht auf die Gerechtigkeit, sondern auf die Medizin. Der Wirt sagt, das Messer muss drin bleiben. Ärztliche Vorschrift!«
»Der Arzt soll über seine eigenen Sachen verfügen, das Messer ist mein Werkzeug!«
»Hm … schwierige Sache …«
»Wissen Sie was? Ich habe auch ein Herz. Ich will Ihnen helfen. Ich ziehe mein Messer aus Ihnen heraus und stecke dafür ein anderes hinein. Das tut's auch, bis der Sanitäter kommt.«
»Also gut. Aber das Messer darf nicht kleiner sein, damit es die Wunde gut verschließt, denn die Gesundheit ist wichtiger als alles andere, und Rezept ist Rezept, da kann man nichts machen …«
»Sie können beruhigt sein. Ich nehme ein großes Küchenmesser.«
»Das geht in Ordnung.«
»Drehen Sie sich um … hopp … so …«
»Jetzt drücken Sie das andere hinein! … Schnell!«
»Dieses hier im Regal wird gerade recht sein, obwohl es nur einen Holzgriff hat.«
»Ist es drin?«
»Einen Dreck! … Ihre Wunde blutet ja kaum. Hier, neben den Knochen ist das Messer eingedrungen, mitten in die Knorpeln … So ein Mist, jetzt ist die Spitze stumpf!«
»Hätten Sie's ins Fleisch gedrückt, Sie Anfänger!«
»Warten Sie! Ich lege ein nasses Tuch darauf … Unter Ihrem Sweater wird es nicht verrutschen …«
»Glauben Sie doch endlich, dass ein Messer reingehört! Der Wirt weiß es. Hier werden täglich Leute umgelegt. Stecken Sie das Messer hinein! Was ist das schon für Sie?«
»Ich verstehe nichts davon. Für eine Messerstecherei übernehme ich die Verantwortung, aber nicht für eine Operation! Bitten Sie doch einen der Matrosen da um diesen Gefallen! Sie werden schon irgendwann zu sich kommen.«
»Gut, dass Sie's erwähnen, mein Herr! Sie haben zwölf meiner Seeleute k.o. geschlagen.«
»Einen von ihnen hat das Regal mit den Likören unter sich begraben. Dafür kann ich nichts.«
»Das war der erste Heizer!«
»Was weiß ein Likörregal davon?«
»Und dort liegt der Schiffskellner. Wo findet man jetzt noch einen Kellner? Die ›Honolulu-Star‹ läuft morgen früh aus, und es gibt keinen Heizer und keinen Kellner, weil Sie alle k.o. geschlagen haben!«
»Das Recht war auf meiner Seite. Man hat einen Krug nach mir geschmissen, und ein solches Verhalten kränkt mich.«
»Keiner von denen da hat mit dem Krug nach Ihnen geschmissen. Die sind unschuldig.«
»Wer war's dann?«
»Ich.«
»Ihr Glück, dass Sie so schwer verletzt sind, sonst würde ich Ihnen den Schädel einschlagen … Guten Tag.«
»Warten Sie!«
»Keine Zeit, ich habe es eilig!«
»Schauen Sie nach, ob nicht doch ein Messer in die Wunde gehört. Einen solchen Stich darf man nicht vernachlässigen. Möglicherweise blutet's nach innen.«
»Von innen hat Sie niemand stechen können. Warten Sie auf den Arzt, der hilft Ihnen, wenn er kann. Wenn nicht, dann ruhen Sie in Frieden.«
»Ich empfehle mich …«
»Ich bedauere, dass Sie eine so schwache Besatzung angeheuert haben …«
»Hallo! Junger Mann! Ich begleite Sie. Ich hätte eine Idee, wie Sie zu Geld kommen.«
»In Ordnung.«
»Warten Sie! He, Schankbursche! Wenn der Wirt kommt, sag ihm, dass ich mir die Beine vertrete! Er soll sich keine Sorgen machen! Wenn es Probleme gibt, stecke ich ein Messer in die Wunde! Ich passe auf … Na, kommen Sie!«

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