Elytis: To Axion Esti - Gepriesen Sei Odysseas Elytis:
»To Axion Esti - Gepriesen Sei«
Zweisprachige Ausgabe

Aus dem Griechischen übersetzt und mit Nachworten versehen
Neu durchgesehen und bearbeitet von Günter Dietz

2. Aufl. 2002,
Ln., 208 S.
€ 18 / sFr 31
ISBN 3-932245-36-9



Textauszug
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Odysseas Elytis (1911–1996) wurde auf Kreta geboren. Bereits als Gymnasiast in Athen begann er mit dem Schreiben von Gedichten. Später brach er sogar sein Jurastudium ab, um sich ganz seiner Dichtung und Kunst (Tempera, Collagen) zu widmen. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde Elytis durch seine Dichtungen »Helden- und Klagegesang auf den verlorenen Leutnant in Albanien« (1945) und »Albaniade« (1946/50) als Lyriker und Résistance-Dichter bekannt. Das 1959 erschienene Werk »To Axion Esti« verschaffte ihm dann offizielle Anerkennung und wurde sofort als sein Hauptwerk gefeiert. Spätestens seit ihm 1979 der Literaturnobelpreis verliehen wurde, gehört Elytis zu den bedeutendsten Vertretern der griechischen Lyrik.
Zuletzt erschien: »Die Träume«

Odysseas Elytis

Der Übersetzer Günter Dietz, geboren 1930 in Karlsruhe, promovierte in Freiburg, unterrichtete in Athen, wo er auch Elytis kennen lernte, und veröffentlichte Lyrik, Übersetzungen, Vorträge und Aufsätze (zuletzt »Menschenwürde bei Homer«, Heidelberg 2000).

Über das Buch

»To Axion Esti«, das Hauptwerk von Odysseas Elytis, ist ein Himmelsstürmer: In dieser »Bibel der griechischen Nation« – so Mikis Theodorakis, der große Teile davon vertonte – stellt der Dichter das Schicksal seines Landes und den Weg zu einer neuen Freiheit dar. Er greift dabei auf keine geringeren Quellen zurück als die Dichtung der Antike, die Psalmen der Bibel, die orthodoxe Liturgie und die melische Dichtung der Byzantiner. Er schafft damit eine religiöse, ja mystische Atmosphäre. »To Axion Esti«, das »Gepriesen Sei«, mit dem das Loblied der Gottesmutter eingeleitet wird, durchzieht wie ein roter Faden dieses monumental anmutende Werk. Elytis gelingt es, traditionellen Bildern neues Leben einzuhauchen und sie mit Elementen aus der balkanischen Volksdichtung und der westeuropäischen Moderne zu einem geheimnisvollen Mosaik zusammenzusetzen – so geheimnisvoll und neu wie die Welt, in die das lyrische Ich des Textes seine Zuhörer einlädt. Die dunklen Wolken von Krieg und Frieden in seinem Land sind vorübergezogen – was bleibt, ist das klärende und verlockende Licht des Neubeginns.

Textauszug:

IM ANFANG das Licht Und die erste Stunde
in der noch die Lippen im Urschlamm
schmecken die Dinge der Welt
Grünes Blut und golden die Knollen im Erdreich
Wunderbar in seinem Schlaf breitete auch das Meer
den frischen ätherischen Flor aus
unter Johannisbrot und den hohen Dattelpalmen
Dort lag ich allein
der Welt gegenüber
und weinte
Meine Seele suchte Signalgeber und Herold
Da sah ich, ich erinnere mich
die drei Dunklen Moiren
ihre Hände nach Osten erheben
ihren vergoldeten Rücken und den Nebel, der zurückblieb
langsam sich lösen
nach rechts Sah Pflanzen im Wechsel der Formen
Die Sonne war mit ihrer Achse in mir
vielstrahlig in ihrem Rufen Und
er, der in Wahrheit ich war, vor vielen Jahrhunderten
mitten im Feuer noch frisch, ungeschieden vom Himmel
Ich spürte, er kam und bückte sich
über meine Wiege
Gedächtnis wurde Gegenwart
er führte die Stimme der Bäume, der Wogen :
»Dein Auftrag – sprach er – diese Welt
und ist dir ins Herz geschrieben
Lies sie genau, müh dich
und kämpfe« sprach er
»Jeder hat seine Waffen« sprach er
Und hob seine Hände, wie sie öffnet
ein junger Gott, um Leid zu schaffen zugleich mit Freude.
Heruntergezogen mit Gewalt
und gelöst von den Zinnen fielen zuerst
die SIEBEN BEILE
wie beim Sturmwind auf der Marke null
wenn Wohlgeruch aufsteigt
vom Ursprung wieder ein Vogel
gereinigt strömte das Blut zurück
die Wunder trugen menschliche Züge
So verständlich das Unbegreifbare
Dann kamen die Winde zusammen aus meiner Familie
die Burschen, gorgonengleich, mit den geschwellten Backen
mit den grünen breiten Rockschwänzen
und andere – Greise, bekannte, uralte
muschelhäutige und bärtige
Und sie teilten die Wolke zweimal und viermal
was zurückblieb, hauchten sie an, schickten es nordwärts
Breit und stolz trat ins Meer der große TURM
Die Linie des Horizonts erglänzte
deutlich und dicht und undurchdringlich

DIES der erste Hymnos.

© 2001 Elfenbein Verlag

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